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AUF SKITOUR: DIE 5 LAWINENPROBLEME

Lawinenprobleme 

Neuschnee, Triebschnee, Altschnee und Nassschnee 

Bereits während der Tourenplanung warnt der Lawinenlagebericht vor den zu erwartenden Lawinenproblemen in der betreffenden Region, also davor, was am entsprechenden Tag gefährlich werden könnte. Unsere Aufgabe vor Ort ist es nun zu bewerten, wie brisant das prognostizierte Lawinenproblem tatsächlich ist. Dazu muss man die einzelnen Lawinenprobleme kennen und deren Funktionsweise verstehen. 

Für Tourengeher und Freerider sind vor allem die vier ersten unten genannten Lawinenprobleme relevant: Triebschnee, Neuschnee, Altschnee und Nassschnee (Temperaturproblem). Das fünfte Lawinenproblem – Gleitschnee – ist für Wintersportler von untergeordneter Bedeutung, da Gleitschneelawinen nicht ausgelöst werden können, sondern immer spontan abgehen. 

Triebschnee Neuschnee Altschnee Nassschnee Gleitschnee

TRIEBSCHNEEPROBLEM

Beim Triebschneeproblem bildet der Wind ein Brett“ und verfrachtet den Schnee von Luv (windzugewandte Seite) nach Lee (Windschattenbereich). Das Brett allein stellt noch keine Gefahr dar, für die Entstehung einer Lawine braucht es darunter zusätzlich eine Schwachschicht.

WAS? 

Das Problem entsteht durch windverfrachteten Schnee. Triebschnee kann sowohl während als auch nach einem Schneefall entstehen. 

ZU ERWARTENDE LAWINE:

  • trockene Schneebrettlawinen 
  • spontane und künstliche Auslösung möglich 
  • Fernauslösungen selten 

WO? 

RÄUMLICHE VERTEILUNG:

Ausgesprochen unregelmäßig verteilt; tendenziell in windabgewandten Bereichen (Lee), in Rinnen, Mulden, hinter Geländekanten und anderen windberuhigten Flächen. Häufiger oberhalb der Waldgrenze als darunter. 

POSITION DER SCHWACHSCHICHT IN DER SCHNEEDECKE:

Meist am Übergang zur alten Schneeoberfläche oder innerhalb des Triebschnees. 

 

WINDZEICHEN 

Im Gelände ist es hilfreich, Windzeichen erkennen und deuten zu können. Anhand der Windzeichen im Gelände und an der Schneeoberfläche kann man auch bei Windstille die zuletzt vorherrschende Windrichtung bzw. frischen Triebschnee erkennen. Somit weiß man zumindest, wo das „Brett“ liegt. 

BEWERTUNG TRIEBSCHNEEPROBLEM 

Die folgenden Fragen helfen zu beurteilen, wie stark ein Triebschneeproblem ausgeprägt ist; auf Basis von Beobachtungen im Gelände erhält man dadurch einen Anhaltspunkt, wie heikel die Situation tatsächlich ist. Generell gilt: Ein „altes“ Triebschneeproblem nach einer Windphase „heilt“ sehr schnell und ist meist nach ein bis zwei Tagen „entschärft“.

Lade dir hier die Checkliste für das Lawinenproblem herunter.

NEUSCHNEEPROBLEM

Beim Neuschneeproblem wird das „Brett“ vor allem durch Neuschnee gebildet. Dabei kann durchaus auch Wind im Spiel sein. Einige Lageberichte geben in solchen Fällen beide Lawinenprobleme, also Neuschnee und Triebschnee, an.  

WAS? 

Das Problem entsteht durch aktuelle Schneefälle oder kurz zuvor gefallenem Neuschnee. Der Haupteinflussfaktor ist die kritische Neuschneemenge, die von mehreren Faktoren, wie zum Beispiel Schneetemperatur oder Eigenschaften der alten Schneeoberfläche abhängt. 

ZU ERWARTENDE LAWINEN:

  • trockene Schneebrettlawinen 
  • trockene Lockerschneelawinen 
  • spontane und künstliche Auslösungen 
  • Fernauslösungen möglich 

WO? 

RÄUMLICHE VERTEILUNG:

Meist weit verbreitet und in allen Expositionen. 

POSITION DER SCHWACHSCHICHT IN DER SCHNEEDECKE:

Meist am Übergang zur alten Schneeoberfläche und manchmal aber auch innerhalb der Neuschneeschichten. 

 

BEWERTUNG NEUSCHNEEPROBLEM 

Die relevanten Fragen bei einem Neuschneeproblem betreffen die sogenannte „kritische Neuschneemenge“, die immer in Verbindung mit dem Wind betrachtet werden muss. Oft ändert sich diese Bewertung mit zunehmender Höhe, da sowohl die Schneefallintensität als auch der Wind in der Höhe meist zunehmen. Ebenso wie ein Triebschneeproblem „heilt“ ein Neuschneeproblem in der Regel nach ein bis zwei Tagen. Und wie immer stellt sich die Frage nach der Schwachschicht – meist nach der Altschneeoberfläche unter dem Neuschnee. 

Jede Frage wird entsprechend eingeschätzt und beantwortet. Grün bedeutet „günstig“, gelb „teils günstig“, orange „eher ungünstig“, rot „ungünstig“. 

Durch diese Checkliste kann man sicherstellen, dass keine relevanten Informationen übersehen werden. Außerdem lassen sich mithilfe der Fragen Beobachtungen sammeln, und die einzelnen Punkte können in der Gruppe diskutiert werden. 

Lade dir hier die Checkliste für das Lawinenproblem herunter.

ALTSCHNEEPROBLEM

Ein Altschneeproblem ist schwer zu fassen. Per Definition der EAWS liegt das Problem, also die Schwachschicht, in der Altschneedecke „verborgen“. Im Amerikanischen spricht man von „persistent weak layer problem“, was das Problem gut beschreibt. Meist findet man beim Altschneeproblem eine langlebige, kantig aufgebaute Schwachschicht in der Schneedecke. Die Gefahr kann Tage oder Wochen andauern. Oft wird diese Schwachschicht in der Altschneedecke auch durch Neuschnee oder Triebschnee wieder „aktiviert“. Durch die Zusatzlast oder veränderte Eigenschaften des Bretts kann sich der Bruch in der vorhandenen Schwachschicht dann plötzlich wieder ausbreiten.

WAS? 

Das Problem entsteht durch Schwachschichten innerhalb der Altschneedecke. Typische Schwachschichten sind eingeschneiter Oberflächenreif, Tiefenreif oder kantige Kristalle. 

ZU ERWARTENDE LAWINEN:

  • trockene Schneebrettlawinen 
  • meist künstliche Auslösung (z.B. Wintersportler, Sprengung); spontane Lawinen sind selten, meist nur in Kombination mit einem anderen Lawinenproblem 
  • Fernauslösungen möglich  

WO? 

RÄUMLICHE VERTEILUNG:

Das Lawinenproblem kann sowohl verbreitet vorkommen, als auch kleinräumig konzentriert sein. Es tritt in allen Expositionen auf, aber häufiger in schattigen, eher windgeschützten Hängen. 

POSITION DER SCHWACHSCHICHT IN DER SCHNEEDECKE:

Irgendwo im Altschnee, oft tiefer in der Schneedecke. Wenn die Schwachschicht von mächtigen, stabileren Schichten überdeckt ist, ist die Auslösung weniger wahrscheinlich. 

 

BEWERTUNG ALTSCHNEEPROBLEM 

Die Beurteilung eines Altschneeproblems ist sehr komplex. Folgende Fragen sollen Anhaltspunkte liefern, wie brisant die Situation ist. Die Herausforderung beim Altschneeproblem liegt darin, dass nur wenige Anhaltspunkte „offen“ liegen, sprich, an der Schneeoberfläche erkannt werden können. Häufig muss man hier ein Schneeprofil graben und in den Schnee(deckenaufbau) schauen.

Jede Frage wird entsprechend eingeschätzt und beantwortet. Grün bedeutet „günstig“, gelb „teils günstig“, orange „eher ungünstig“, rot „ungünstig“. 

Durch diese Checkliste kann man sicherstellen, dass keine relevanten Informationen übersehen werden. Außerdem lassen sich mithilfe der Fragen Beobachtungen sammeln, und die einzelnen Punkte können in der Gruppe diskutiert werden. 

Ein Altschneeproblem ist von allen Lawinenproblemen am schwersten einzuschätzen. Oft bleibt eine große Unsicherheit und es hilft nur defensives Verhalten. 

Lade dir hier die Checkliste für das Lawinenproblem herunter.

NASSSCHNEEPROBLEM oder TEMPERATURPROBLEM

Ein Nassschneeproblem lässt sich recht gut einzuschätzen. Allerdings besitzen Nassschneelawinen aufgrund ihrer Dichte ein sehr großes Zerstörungspotential. Nassschneesituationen werden oft auch als Frühjahresproblem bezeichnet, obwohl diese auch im Frühwinter z. B. durch Regen entstehen können. 

WAS? 

Das Problem entsteht durch eine zunehmende Schwächung der Schneedecke durch Wassereintrag, entweder durch Schmelze oder Regen. 

ZU ERWARTENDE LAWINEN:

  • Nasse Schneebrettlawinen 
  • Nasse Lockerschneelawinen 
  • Meist spontane Auslösungen, selten Fernauslösungen 
  • Fernauslösungen selten 

WO? 

RÄUMLICHE VERTEILUNG: 

Wenn die Sonneneinstrahlung die Hauptursache des Problems ist, hängt die Verbreitung vor allem von der Höhenlage und der Exposition ab. Wenn Regen die Ursache ist, sind alle Expositionen betroffen. 

POSITION DER SCHWACHSCHICHT IN DER SCHNEEDECKE:

Irgendwo in der Schneedecke. 

BEWERTUNG NASSSCHNEEPROBLEM 

Die Beurteilung eines Nassschneeproblems ist recht einfach. Oft reicht es aus, die Einsinktiefe und die Durchfeuchtung zu untersuchen und zu bewerten. 

Die größte Herausforderung bei Nassschnee ist die Zeitplanung. Denn häufig entsteht das Problem im Tagesverlauf. Ist die Schneedecke morgens noch gefroren und sehr stabil, kann sich dies mit der tageszeitlichen Erwärmung relativ rasch ändern. Das bedeutet: Gegen Mittag oder am Nachmittag sollte man bei einem Nassschneeproblem steile, gefährdete Hänge nicht nochmals betreten bzw. befahren. 
Regen ist doppelt heikel. Zum einen ist Regen sehr warm für Schnee, d. h. die Schneedecke wird durchfeuchtet; zum anderen sorgt er zusätzlich für einen Masseeintrag, bedeutet also eine Zusatzlast. In diesem Fall kann die Gefahr bereits am Morgen oder sogar in der Nacht sehr groß sein. Die Höhenstufe und die Null-Grad-Grenze sind hier entscheidend.

Jede Frage wird entsprechend eingeschätzt und beantwortet. Grün bedeutet „günstig“, gelb „teils günstig“, orange „eher ungünstig“, rot „ungünstig“: 

Durch diese Checkliste kann man sicherstellen, dass keine relevanten Informationen übersehen werden. Außerdem lassen sich mithilfe der Fragen Beobachtungen sammeln, und die einzelnen Punkte können in der Gruppe diskutiert werden.  

Lade dir hier die Checkliste für das Lawinenproblem herunter.

GLEITSCHNEEPROBLEM

Gleitschneelawinen sind nicht künstlich auslösbar und für Wintersportler kaum relevant. Allgemein gilt: Bereiche unterhalb von Schneemäulern meiden. Bei einer Gleitschneelawine gleitet die Schneetafel meist an steilen Wiesenhängen auf einem Wasserfilm am Boden ab.

BEWERTUNG GLEITSCHNEEPROBLEM

Gleitschneelawinen fordern sehr selten Todesopfer bei Wintersportlern, sind jedoch besonders für die Lawinenwarnkommissionen herausfordernd. Dass ein Gleitschneeproblem besteht, ist meist offensichtlich – es entstehen Schneemäuler. Die Frage ist nur, ob und wann eine Lawine abgeht. Warnkommissionen müssen entscheiden, wann sie eine Straße, einen Lift oder eine Piste sperren und wann (noch) nicht. 

Für Wintersportler reicht die Verhaltensregel: Unter Gleitschneemäulern nicht unnötig lange aufhalten.

WINDZEICHEN

Im Gelände ist es hilfreich, Windzeichen erkennen und deuten zu können. Anhand der Windzeichen im Gelände und an der Schneeoberfläche kann man auch bei Windstille die zuletzt vorherrschende Windrichtung bzw. frischen Triebschnee erkennen. Somit weiß man zumindest, wo das „Brett“ liegt. 

Man unterscheidet zwischen aktuellen (akuten) und langfristigen Windzeichen. 

Gangeln Windfahnen Dünen Wechten Windkolk Anraum

Aktuelle Windzeichen, die die letzte Windperiode anzeigen, sind: 

Frische Windgangeln – Erosionsformen auf der Schneedecke, die im Luv entstehen, also dort, wo der Wind den Schnee „mitgenommen“ hat. Hier in diesem Beispielbild kommt der Wind von rechts, es entsteht ein kleiner Steg, dort wo der Wind den Schnee wegfräst.

Aktuelle Windzeichen, die die letzte Windperiode anzeigen, sind:

Schneefahnen – aufgewirbelter Schnee an Graten und Gipfeln, die schon vom Tal aus der herrschenden Windrichtung anzeigen und die Windstärke im Gipfelbereich erkennen lassen.

Aktuelle Windzeichen, die die letzte Windperiode anzeigen, sind:

Dünen – heimtückische Ablagerungen, die durch Schneeverfrachtung entstehen und Triebschnee anzeigen; hier hat der Wind ein Schneebrett abgelagert. Die flache Seite der Düne ist dem Wind zugewandt, die steilere abgewandt.

Eher langfristige Windzeichen, an denen man die übliche Wetterrichtung sieht, sind: 

Wechten – durch Schneeverfrachtung hervorgerufene, stark verdichtete Schneeablagerungen direkt auf der windabgewandten Seite eines Grates mit keilförmigem Überhang auf die Leeseite. 

Eher langfristige Windzeichen, an denen man die übliche Wetterrichtung sieht, sind: 

Windkolk mit Kometenschweif – durch Wind entstandene Freiräume im Schnee rund um ein Hindernis wie z. B. einen Felsblock oder ein Gipfelkreuz.  

Eher langfristige Windzeichen, an denen man die übliche Wetterrichtung sieht, sind: 

Anraum am Gipfelkreuz – fester Niederschlag, der sich bei Nebel und Wind gegen die Windrichtung aufbaut.